Der Wahlstreit

       dm          C   B
1. Ich saz uf eime steine	
    dm             C  B        
und dahte bein mit beine,	
dm           C       B    C
dar uf sazt' ich den ellenbogen;	
    dm      C           B       C
ich hete in mine hant gesmogen	
    dm        C       B      C
daz kinne und ein min wange.
   dm        C       B     C	
Do dahte ich mir vil ange,	

wes man zer werlte sollte leben.	
Deheinen rat kond' ich gegeben,	
wie man driu dinc erwurbe,	
der keines niht verdurbe.	
Die zwei sind ehe und varnde guot,	
daz dicke ein ander schaden tuot;	

das dritte ist gotes hulde,	
der zweier übergulde.	
Die wolte ich gerne in einen schrin.	
Ja leider des enmac niht sin,	
daz guot und werltlich ere	
und gotes hulde mere	

zesamene in ein herze komen.	
Stig' unde wege sint in benomen:	
Untriuwe ist in der saze,	
gewalt vert uf der straze,	
frid' unde reht sint sere wunt:	
    dm             C        B
diu driiu enhabent geleites niht, diu	
	C               dm
        zwei enwerden e gesunt.	        
 	 


2.  Ich horte ein wazzer diezen	
Und sach die vische flizen;	
Ich sach, zwaz in der werlte was,	
velt unde walt, loup, ror und gras;	
swaz kriuchet unde fliuget	
und bein zer erden biuget,	

daz sach ich unde sage iu daz:	
der keinez lebet ane haz.	
Daz wilt und daz gewürme	
Die stritent starke stürme,	
samt tuont die vogel under in;	
wan daz sie habent einen sin:	

sie diuhten sich zu nihte,	
si'n schefen starc gerihte:	
sie kiesent könege unde reht,	
sie setzent herren unde kneht.	
so we dir, tiuschiu zunge,	
Wie stet din ordenunge,	

daz nu diu mugge ir könec hat,	
und daz din ere also zergat!	
Bekera dich bekere!	
Die zirken sint ze here,	
die armen könege dringent dich:	
Phillippe setze en weisen uf und	
        heiz sie treten hinder sich!
        


(Verfasser: Walter von der Vogelweide (1198))